Perspektive

Stoppt Trumps Massenverhaftungen von Immigranten!

Das Jahr 2025 hat einen Angriff auf Einwanderer erlebt, der in der amerikanischen Geschichte beispiellos ist. Mit der Komplizenschaft der Demokratischen Partei und der Gewerkschaftsbürokratie hat die Trump-Regierung landesweit Razzien zur Masseninhaftierung und Abschiebung durchgeführt. Täglich durchkämmen schwer bewaffnete und oft maskierte Bundesbeamte Arbeitersiedlungen, Arbeitsplätze, Schulen und Privatwohnungen.

Beamte der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde bei der Ankunft auf dem Parkplatz eines Baumarkts in Kenner (Louisiana), 3. Dezember 2025 [AP Photo/Gerald Herbert]

Am Sonntag berichtete die Washington Post, dass die Einwanderungsbehörde ICE derzeit etwa 2.600 Verhaftungen „flüchtiger Personen“ pro Woche durchführt. Während Obamas erster Amtszeit lag die durchschnittliche Zahl der wöchentlichen Festnahmen bei 640. Unter Trumps erster Amtszeit lag sie bei durchschnittlich 569. Selbst unter Biden, als die Festnahmen erheblich eskalierten, lag ihre durchschnittliche Zahl bei etwa 1.100 pro Woche. Trump hat diese Zahl innerhalb weniger Monate mehr als verdoppelt; sein erklärtes Ziel ist es, in diesem Jahr eine Million Menschen abzuschieben.

Die Behauptung, dass sich die Razzien gegen „Kriminelle“ richteten, ist eine Lüge. Die ICE hat ihre Aktionen von Festnahmen in den Gefängnissen auf Massenrazzien an Arbeitsplätzen wie Autowaschanlagen, Baustellen und Lebensmittelverarbeitungen verlagert. Ziel sind Einwanderer, deren einziges „Verbrechen“ darin besteht, dass sie in den USA arbeiten.

Auch politische Opposition wird kriminalisiert. Yaa’kub Vijandre, ein langjähriger Einwohner von Dallas, ist seit fast drei Monaten inhaftiert, und ihm droht die Abschiebung in ein Land, in dem er seit seiner Kindheit nicht mehr gelebt hat. Er wurde als Kind in die USA gebracht und hat seither einen DACA-Status (Deferred Action for Childhood Arrivals – beinhaltet eingeschränkte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis). Sein „Verbrechen“ besteht darin, dass er sich geweigert hat, FBI-Informant zu werden, und sich weiterhin gegen den US-Imperialismus und den Völkermord in Gaza ausspricht. Wenn dies ein Grund für eine Inhaftierung ist, dann ist es ein Grund für die Verfolgung praktisch jedes Menschen.

Den Inhaftierten werden Verfassungsrechte systematisch vorenthalten. Eine CBS-Sendung „60 Minutes“ (die kurz vor der Ausstrahlung zurückgezogen wurde) dokumentierte die illegale Überstellung von fast 300 Einwanderern in das CECOT-Großgefängnis in El Salvador. Rechtfertigt wurde das mit dem Gesetz über feindliche Ausländer. Diese Menschen wurden monatelang ohne Anwälte unter Bedingungen festgehalten, die der Folter gleichkommen. Ähnliche Zustände wurden in Haftanstalten in Florida, Texas, Arizona, Kalifornien, New Jersey und Louisiana dokumentiert.

Was hier entsteht, ist eine flächendeckende Abschiebungsmaschinerie. Wie der amtierende ICE-Direktor Todd Lyons offen erklärte, will die Trump-Regierung das „Amazon“ der Abschiebungen werden: „Wie Prime, nur mit Menschen“.

Überbelegung und Vernachlässigung haben bereits zu einem Anstieg der Todesfälle unter Inhaftierten geführt. Mindestens 30 Einwanderer sind in diesem Jahr in ICE-Gewahrsam gestorben, mehrere unter höchst verdächtigen Umständen. Anfang Dezember starben vier Einwanderer innerhalb von vier Tagen, alle in privat betriebenen ICE-Gefängnissen.

Die Kampagne gegen Einwanderer ist die Speerspitze einer allgemeinen Entwicklung zur Diktatur. Der Putsch vom 6. Januar war kein Einzelfall. Er wird in der Politik von Trumps zweiter Regierung fortgesetzt. Die Unterdrückung von Einwanderern dient als Testfeld für die Abschaffung verfassungsmäßiger Rechte, darunter das Recht auf Staatsbürgerschaft durch Geburt in den USA, sowie das Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren.

Trumps Abschiebungskampagne dient drei miteinander verbundenen Zwecken.

Erstens zielt die Kampagne gegen Einwanderer darauf ab, die Arbeiterklasse zu spalten. Einwanderer werden zu Sündenböcken für Bedingungen gemacht, die die herrschende Klasse selbst zu verantworten hat: stagnierende Löhne, Arbeitslosigkeit, marode Infrastruktur und zusammenbrechende Sozialleistungen. Indem das politische Establishment die Wut der einheimischen Arbeiter gegen Einwanderer lenkt, anstatt gegen die Unternehmer und Milliardäre, die seit Jahrzehnten für Deindustrialisierung und Sparpolitik verantwortlich sind, versucht es, die Entstehung einer geeinten Arbeiterbewegung zu verhindern. Eine gespaltene Arbeiterklasse kann sich nicht wehren.

Zweitens dienen die Razzien als Ablenkung von der politischen Krise und der Kriminalität der herrschenden Klasse. Neue Enthüllungen im Zusammenhang mit dem Epstein-Netzwerk belasten Trump weiterhin, während die Regierung Sozialprogramme kürzt, Militärschläge im Ausland durchführt und Arbeiter im Inland angreift.

Drittens bietet die Unterdrückung von Einwanderern den rechtlichen und politischen Rahmen für die Ausweitung polizeistaatlicher Befugnisse gegen die gesamte Bevölkerung. Dieselben Rechtfertigungen, die für den Einsatz von Soldaten innerhalb der Städte und die Abschiebung von Einwohnern ohne ordentliches Verfahren dienen, werden auch gegen streikende Arbeiter und politische Gegner, unabhängig von ihrem Einwanderungsstatus, zur Anwendung kommen.

Die wohl bedeutendste politische Tatsache an diesem Angriff ist die Komplizenschaft der Demokratischen Partei. Eine Schlagzeile der Washington Post  vom 8. Dezember brachte es auf den Punkt: „Die Demokraten, die Trump einst wegen seiner Einwanderungspolitik scharf kritisierten, sind verstummt.“ Demokratische Parteiführer wie Senator Chuck Schumer und der Abgeordnete Hakeem Jeffries weigern sich, die Abschaffung der ICE zu fordern, weil sie mit Trumps Politik übereinstimmen.

Bernie Sanders ging noch weiter und lobte Trumps Grenzpolitik als „eine Verbesserung gegenüber Biden“. Er wiederholte den MAGA-Slogan: „Wer keine Grenzen hat, hat keine Nation.“ Unter Bedingungen, unter denen langjährige Einwohner ohne ordentliches Verfahren verschwinden, hat sich der selbsternannte „demokratische Sozialist“ mit der kapitalistischen Reaktion verbündet.

Alexandria Ocasio-Cortez, die einst die „Abschaffung der ICE“ forderte, schweigt zu Trumps National Security Presidential Memorandum-7, welches „Antikapitalismus“ und „Antiamerikanismus“ mit inländischem Terrorismus gleichsetzt.

Die Demokraten haben den Weg für diesen Angriff geebnet. Obama war der Vorreiter für Massenabschiebungen und für die Trennung der Kinder von ihren Eltern. Biden hat das Asylrecht abgeschafft. Trump weitet diese Politik nun zu einem landesweiten System der Inhaftierung, Auslieferung und Unterdrückung aus.

Auch die Gewerkschaftsbürokratie ist mitschuldig. UAW-Präsident Shawn Fain unterstützt Trumps Zölle und Handelskriegspolitik. Teamsters-Präsident Sean O’Brien hat Massenabschiebungen befürwortet und sich geweigert, Teamsters-Arbeiter zu verteidigen, die in Chicago von maskierten Bundesbeamten schikaniert wurden. Wirtschaftsnationalismus ist die gemeinsame Basis der Gewerkschaftsbürokratie mit Trump.

Der Angriff auf Einwanderer ist kein Alleinstellungsmerkmal der Vereinigten Staaten. In ganz Europa errichten Regierungen aller politischen Couleur Grenzmauern, postieren dort Soldaten und kriminalisieren diejenigen, die auf der Flucht vor Kriegen sind, die dieselben imperialistischen Mächte angezettelt haben. Die „Sicherung des Heimatlandes“ ist das innenpolitische Pendant zur Vorbereitung von Krieg.

Der Angriff auf Einwanderer ist nicht nur ein Angriff auf einen Teil der Bevölkerung. Er ist die Speerspitze der Entwicklung hin zu einem Polizeistaat, der sich gegen die gesamte Arbeiterklasse richtet. Die bewaffneten und maskierten Agenten und Nationalgardisten, die auf den Straßen der Städte patrouillieren, werden nicht verschwinden, wenn die „Illegalen“ das Land verlassen haben. Derselbe Apparat wird gegen alle Arbeiter eingesetzt werden, die sich gegen Diktatur, Ungleichheit und Krieg wehren.

Die Verteidigung der Einwanderer ist untrennbar mit der Verteidigung demokratischer Rechte insgesamt verbunden. Arbeiter und Jugendliche müssen in ihren Wohnvierteln und Betrieben Aktionskomitees aufbauen, um alle Arbeitenden unabhängig von ihrem Einwanderungsstatus zu schützen.

Die Arbeiter müssen das Recht aller Menschen verteidigen, in dem Land ihrer Wahl zu leben und zu arbeiten. Wenn Sanders Trump nachplappert und erklärt: „Wer keine Grenzen hat, hat keine Nation“ – müssen Arbeiter auf dieses nationalistische Gift antworten: „Die Arbeiter haben kein Vaterland“, und: „Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!“

Gegen die Angriffe auf Einwanderer regt sich erheblicher Widerstand. In Chicago und anderen Städten haben Arbeiter spontan versucht, Einwanderer in ihren Stadtvierteln zu schützen, als ICE-Beamte auftauchten. Schüler haben aus Protest gegen die Razzien den Unterricht verlassen.

Dieser wachsende Widerstand darf jedoch nicht der Demokratischen Partei oder den Gerichten untergeordnet werden: Diese haben sich immer wieder als Instrumente der Herrschaft der Finanzoligarchie erwiesen. Der Widerstand erfordert die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse.

Die Arbeiterklasse muss einen sofortigen Stopp der Abschiebungen, die Freilassung aller Inhaftierten, ein Ende aller Razzien und Auslieferungen sowie volle gesetzliche Rechte für alle Migranten fordern. Dies erfordert den Aufbau einer Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen den gesamten Polizei-, Grenz- und Geheimdienstapparat und das Nationalstaatensystem, das er verteidigt.

Der Kampf zur Verteidigung der Einwanderer ist ein zentraler Bestandteil des Klassenkampfs. Dieselbe herrschende Klasse, die die Abschiebungsmaschinerie aufbaut, vernichtet Arbeitsplätze, kürzt Sozialprogramme und bereitet neue Kriege vor. Nur eine unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System kann die demokratischen Rechte verteidigen.

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