Die Welle von Massenentlassungen, die die USA 2025 erfasst hat, wird sich im neuen Jahr fortsetzen. Für Arbeiter in zahlreichen Branchen wird sie verheerende Folgen haben. In Detroit ist die Factory Zero von General Motors (GM) betroffen: Dort wurden mehr als 1.100 Arbeiter entlassen. Die Produktion wird am 5. Januar nur im Einschichtbetrieb wieder aufgenommen.
Factory Zero, das Aushängeschild von GM für die „Zukunft der Elektroautos“, wird kaum fünf Jahre nach ihrer vielbeachteten Wiedereröffnung auf die Hälfte ihrer Kapazität reduziert. Die Kürzungen sind Teil eines umfassenden Stellenabbaus bei GM, durch den bereits mehr als 1.300 Arbeiter des als Joint Venture gegründeten Batterieherstellers Ultium Cells in Lordstown (Ohio) und Spring Hill (Tennessee) befristet oder dauerhaft entlassen wurden. Auch diese beiden Fabriken wurden zunächst als Eckpfeiler einer neuen Ära der amerikanischen Industrieproduktion dargestellt, fielen aber rasch dem Nachfrageeinbruch, Veränderungen der Politik und Umstrukturierungsmaßnahmen zum Opfer.
Ein Arbeiter der Factory Zero, der in den letzten 20 Jahren sieben verschiedene GM-Werke durchlaufen hatte – u.a. die mittlerweile geschlossenen Getriebewerke Lordstown (Ohio) und Warren (Michigan) – erklärte der World Socialist Web Site: „Die Entlassungen haben schon begonnen. Am 5. Januar kehrt die erste Schicht zurück, die zweite Schicht wird auf unbefristete Zeit freigestellt.“
Zur Gefahr, dass GM das gesamte Werk schließen könnte, erklärte er: „Ich habe das schon oft erlebt. Ich sage es den Leuten immer wieder: Es ist für GM kein Problem, diese Tore zu schließen und dieses gesamte Werk auszuschlachten und stillzulegen.“
Der Arbeiter schilderte die Stimmung, die unter den Arbeitern der Factory Zero vorherrscht, als ein Gefühl des freien Falles. Diese Arbeiter werden sowohl vom Konzern als auch der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) im Stich gelassen:
Wir werden jetzt alle in die Enge getrieben, und wir bekommen keine Unterstützung von der UAW. So fühlt es sich in der Werkshalle an. Wir arbeiten hart, damit dieses Unternehmen Geld verdient, und wir werden jedes Mal über den Tisch gezogen. Wir wissen nicht einmal mehr, wo unser Sicherheitsnetz ist. Wir wissen nicht, woran wir uns festhalten sollen. Es kommt einem vor, als würden wir nur darauf warten, am Boden aufzuschlagen.
Wenn man einen Gewerkschaftsvertreter anspricht, ist man fast sofort auf der schwarzen Liste. Man wird als schwarzes Schaf angesehen, weil man versucht, sich gegen ihre Vorhaben zu wehren.
Als sie das Werk 2021 wiedereröffneten und bis letztes Jahr mussten wir sechs Tage pro Woche arbeiten, zehn Stunden am Tag, fast zwölf Stunden am Tag. Das ganze Jahr über fast sieben Tage die Woche. In einigen Abteilungen wurde volle sieben Tage die Woche zwölf Stunden am Tag gearbeitet. Seit wann ist es gesund, wenn ein Beschäftigter so viel arbeitet?
Ich kenne viele, die es für sinnlos halten, Gewerkschaftsbeiträge zu zahlen, weil wir nicht ordentlich vertreten werden. Sie tun überhaupt nichts für uns. Sie verschachern unsere qualifizierte Arbeit. Sie setzen sich nicht für uns ein, wenn es um Probleme bei Sicherheit oder Qualität geht, oder wenn Arbeiter auf eigene Kosten Werkzeuge kaufen müssen, um für das Unternehmen Autos zu bauen.
Über die Unterstützung von UAW-Präsident Shawn Fain für Trumps Zölle fügte dieser Arbeiter hinzu:
Die Zölle sind keine Hilfe. Wir sehen ja, dass nichts Gutes dabei rauskommt. Man nimmt Kanada etwas weg, man nimmt Mexiko etwas weg, und es heißt, das würde Arbeitsplätze zurückbringen. Aber jetzt ist es Ende 2025, und die größten Entlassungen finden gerade jetzt statt. Wo ist da der Nutzen, den man uns versprochen hat?“
Er betonte, der Angriff auf die Arbeiter der Factory Zero sei Teil eines allgemeinen Angriffs auf die Arbeiterklasse.
Das passiert nicht nur hier. Wenn man die Augen aufmacht, sieht man, dass alle in allen Bereichen mit genau den gleichen Problemen auf die genau gleiche Art konfrontiert sind. Überall werden Kosten gesenkt, bei der Qualität gespart und Personal abgebaut. Alle verlangen mehr von den Arbeitern, ohne mehr Lohn zu zahlen. Die Inflation steigt.
Auch bei Ford werden Arbeitsplätze zerstört. Das Unternehmen hat die Produktion des vollelektrischen Pickup-Trucks F-150 Lightning eingestellt und das Batterie-Joint-Venture BlueOval SK in Kentucky geschlossen. Mehr als 1.500 Arbeitern wurde Mitte Dezember mitgeteilt, dass ihr Unternehmen aufgelöst werde – nur wenige Monate nach Inbetriebnahme des 5,8 Milliarden Dollar teuren Werks. Viele waren dorthin umgezogen oder hatten besser bezahlte Stellen gekündigt, weil ihnen sichere Arbeitsplätze versprochen wurden. Aber jetzt haben diese sich über Nacht in Nichts aufgelöst.
Diese Entlassungen in der Autoindustrie sind Teil eines viel umfassenderen Angriffs auf die Arbeiterklasse. Laut Challenger, Gray & Christmas haben US-Arbeitgeber im Jahr 2025 den Abbau von 1,17 Millionen Arbeitsplätzen angekündigt – die höchste Zahl seit 2020. Alleine durch künstliche Intelligenz wurden fast 55.000 Stellen abgebaut, da Konzerne Angestelltenebenen eliminieren und die Ausbeutung der verbliebenen Arbeitskräfte verschärfen.
Die Logistikbranche gehört zu den am stärksten betroffenen Sektoren. UPS hat im Jahr 2025 im Rahmen einer umfassenden Umstrukturierung, die Standortschließungen und Massenentlassungen umfasst, landesweit etwa 48.000 Stellen abgebaut. Selbst in Alabama hat UPS angekündigt, ab Anfang 2026 128 Stellen am Standort Montgomery zu streichen. Das unterstreicht den landesweiten Charakter der Entlassungen und den Rückgang angeblich „sicherer“ Arbeitsverhältnisse in der Logistik.
Folgende Konzerne haben umfangreiche Stellenstreichungen in den USA und weltweit angekündigt: Amazon (14.000), Verizon (13.000), Intel (15.000), Nestlé (16.000), Procter & Gamble (7.000), Target (1.800), HP (4.000–6.000). Die offiziellen Statistiken verschleiern das Ausmaß der Krise: Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe bleiben zwar noch relativ niedrig, doch die Folgeanträge steigen, und das Verbrauchervertrauen sinkt seit Monaten. Das zeigt die wachsende Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes in einem stagnierenden, von Massenentlassungen geprägten Arbeitsmarkt.
Auf der ganzen Welt finden die gleichen Prozesse statt. In Deutschland und ganz Europa haben Autobauer wie VW und Zulieferer wie Bosch und ZF zehntausende Entlassungen, Werksschließungen und Umstrukturierungen angekündigt, da sie mit sinkender Nachfrage, steigenden Kosten und globaler Konkurrenz rechnen.
Als Reaktion auf diesen globalen Angriff hat die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) eine Erklärung veröffentlicht, in der sie zu einer international koordinierten Gegenoffensive gegen das Arbeitsplatzmassaker in der Autoindustrie aufruft. Die IWA-RFC weist warnend darauf hin, dass man die Arbeitsplätze nicht Werk für Werk und Land für Land verteidigen kann. Stattdessen ist ein vereintes Vorgehen der Arbeiter über alle Grenzen hinweg gegen die transnationalen Konzerne notwendig, die die Weltwirtschaft dominieren.
Die Erklärung ruft Arbeiter dazu auf, alle Entlassungen abzulehnen, und betont, dass die Konzerne kein Recht haben, Arbeiter zu entlassen, um ihre Profite zu steigern. Weiter heißt es, wenn die Produktion zurückgeschraubt wird, muss die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn gekürzt werden. Dem nationalistischen Gift, das Regierungen und Gewerkschaftsbürokratien gleichermaßen verbreiten, setzt die Erklärung die Notwendigkeit des Aufbaus von Aktionskomitees entgegen, die demokratisch von den Arbeitern selbst kontrolliert werden.
Die Erfahrungen der Arbeiter bei GM und Ford verdeutlichen die zentrale Lehre der heutigen Zeit: Die Konzerne sind global, die Entlassungen sind global, und der Kampf zur Verteidigung von Arbeitsplätzen muss ebenfalls global sein.
Eine international koordinierte industrielle Gegenoffensive der Arbeiterklasse muss mit einem Kampf der Arbeiter um die politische Macht verbunden werden. Die globale Produktion muss nach sozialistischen Prinzipien umgestaltet werden, damit die revolutionären technologischen Fortschritte für das Gemeinwohl, und nicht zur Verarmung der Arbeiterklasse, genutzt werden.
Füllt das unten stehende Formular aus, um Informationen über den Aufbau von Aktionskomitees für den Kampf gegen den Stellenabbau zu erhalten.
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