Das Öl Venezuelas und die Krise des US-Imperialismus

Die Raffinerie El Palito in Puerto Cabello (Venezuela), 21. Dezember 2025 [AP Photo/Matias Delacroix]

Die Trump-Regierung intensiviert ihre Vorbereitungen auf eine Militärintervention gegen Venezuela und beschleunigt damit seit langem bestehende Pläne für einen Regimewechsel unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Drogenhandel und der Durchsetzung von Sanktionen.

In den letzten Wochen haben die USA etwa 15.000 Soldaten in der Karibik zusammengezogen. Zu diesem Aufmarsch gehören elf Kriegsschiffe nahe den venezolanischen Hoheitsgewässern, darunter die USS Gerald R. Ford, der größte Flugzeugträger der Welt, mehrere Lenkwaffenzerstörer, amphibische Angriffsschiffe und mindestens ein Atom-U-Boot. Die vor zwei Jahrzehnten geschlossene Marinebasis Roosevelt Roads in Puerto Rico wurde wieder in Betrieb genommen, um erweiterte Luftoperationen zu unterstützen, darunter den Einsatz von F-35-Tarnkappenjägern.

Seit September 2025 haben US-Truppen mindestens 28 Angriffe gegen kleine Boote in der südlichen Karibik und im östlichen Pazifik durchgeführt und dabei mehr als 100 Menschen getötet. Diese Angriffe, die ohne Zustimmung des US-Kongresses oder irgendein völkerrechtliches Mandat erfolgten, wurden von der Regierung als Angriffe auf angebliche „Drogenschmuggler“ gerechtfertigt, von denen viele angeblich aus Venezuela stammen. Für diese Behauptungen wurden keine Beweise vorgelegt. Sie stellen Kriegshandlungen auf der Grundlage einer einseitigen Ausübung exekutiver Gewalt dar.

Dieser Verschärfung des militärischen Drucks gingen jahrelange, umfassende Sanktionen beider großer US-Parteien voraus, die Venezuelas Wirtschaft zerstört und das ehemals relativ wohlhabende südamerikanische Land in eine lange Rezession, Hyperinflation und sozialen Zusammenbruch gestürzt haben.

Das Ziel der Trump-Regierung ist es, größtmöglichen Druck auszuüben, um Präsident Nicolás Maduro zum Rücktritt zu zwingen und eine Regierung einzusetzen, die den strategischen und wirtschaftlichen Interessen der USA untergeordnet ist. Die Entscheidung des Friedensnobelpreis-Komitees, die von den USA unterstützte Oppositionsführerin Claudia Machado auszuzeichnen, muss im Kontext dieser umfassenderen Regimewechselkampagne verstanden werden – eine Kombination aus wirtschaftlicher Strangulation, militärischer Eskalation und politischen Manövern, um Maduros Rückhalt im Inland zu zerstören, vor allem unter den wohlhabenderen Schichten der venezolanischen Gesellschaft.

Der Grund hinter all diesen Entwicklungen ist nicht schwer zu erkennen: Venezuelas einzigartige strategische Rolle in der Weltwirtschaft als größter Besitzer so genannter „nachgewiesener“ Ölvorkommen der Welt.

Die Trump-Regierung hat in der Karibik rechtswidrig drei Öltanker beschlagnahmt. Zuerst wurde am 10. Dezember die „Skipper“ auf dem Weg nach Kuba mit zwei Millionen Barrel venezolanischen Rohöls beschlagnahmt und anschließend zur Entladung in einen Hafen in Texas gebracht. Am 20. Dezember wurde das zweite Schiff, die „Centuries“, östlich von Barbados von der US-Küstenwache abgefangen. Es transportierte etwa 1,8 Millionen Barrel Öl aus venezolanischem Staatseigentum für China, was zu formellen diplomatischen Protesten aus Peking führte. Das dritte Schiff, die „Bella 1“, wird weiterhin verfolgt, nachdem es sich dem Befehl widersetzt hatte, sich von US-Streitkräften kapern zu lassen. Zum Zeitpunkt des Abfangversuchs befand es sich auf dem Weg nach Venezuela, um Rohöl zu laden. In der Vergangenheit hat das Schiff auch iranisches Öl transportiert.

Es müssen einige Dinge zur Beschaffenheit von Venezuelas Öl und dem breiteren wirtschaftlichen, materiellen und geopolitischen Kontext erklärt werden, die die seit langem bestehenden Pläne der USA verdeutlichen, Venezuela für die amerikanischen Ölkonzerne (vor allem für Chevron, Exxon und ConocoPhillips) zurückzugewinnen.

Die Beschaffenheit von Venezuelas Ölreserven

Offiziell besitzt Venezuela die größten, als nachgewiesen eingestuften Ölvorkommen der Welt – etwa 300 Milliarden Barrel. Beim derzeitigen weltweiten Rohölverbrauch von etwa 30 bis 31 Milliarden Barrel pro Jahr würde dies reichen, um die Welt etwa ein Jahrzehnt lang zu versorgen. Zum Vergleich: Saudi-Arabien verfügt nach eigenen Angaben über nachgewiesene Vorkommen von 270 Milliarden Barrel Öl, der Iran über etwa 210 Milliarden Barrel, Russland über etwa 80 Milliarden Barrel und die USA über etwa 145 Milliarden Barrel.

Diese beeindruckenden Zahlen verdeutlichen die enorme strategische Bedeutung des venezolanischen Öls im Rahmen der imperialistischen Ambitionen der USA. Gleichzeitig müssen sie sorgfältig eingeordnet werden. „Nachgewiesene Vorkommen“ sind keine rein geologische Kategorie, sondern beziehen sich auf Vorkommen, die von den nationalen Behörden zu den bestehenden Preisen und unter den bestehenden technologischen und politischen Bedingungen als wirtschaftlich förderbar eingestuft werden. Besonders innerhalb der OPEC gelten solche Zahlen allgemein als politisiert und überhöht, da die Größe der Vorkommen bisher die Produktionsquoten und die geopolitische Stellung beeinflusst hat.

Venezuelas Ölvorkommen sind real, riesig und befinden sich in relativ geringer Tiefe. Doch von einem wirtschaftlichen und technischen Standpunkt gehören sie zu den am schwierigsten zu erschließenden Ölvorkommen der Welt. Der überwiegende Teil dieser Vorkommen befindet sich im Gebiet des Orinoco, einer massiven Onshore-Formation, die Extra-Schweröl enthält. Anders als in konventionellen Ölfeldern fließt das Öl im Orinoco nicht von sich aus. Es ist extrem zähflüssig und ähnelt von der Konsistenz her eher Melasse als flüssigem Erdöl. Daher ist ständiges mechanisches Fördern, Verdünnen und Aufbereiten notwendig, um es transportieren zu können.

Daher lässt sich Venezuelas Ölreichtum gleichzeitig als riesig und stark eingeschränkt bezeichnen. Es handelt sich zwar um die größte Kohlenwasserstoffansammlung der Welt, doch ihre Förderung ist langsam, kapitalintensiv und stark von ständigen Importen von Maschinerie, Verdünnungsmitteln und industriellen Produkten abhängig. Deshalb unterscheiden sich die unabhängigen Brancheneinschätzungen deutlich von den Zahlen über Vorkommen in den Schlagzeilen. So schätzt Rystad Energy, dass Venezuela eher über 27 Milliarden Barrel langfristig wirtschaftlich förderbares Öl verfügt – eine Größenordnung, die unter den offiziell angegebenen Vorkommen liegt.

Venezuelas Abhängigkeit

Weil die Schwerölförderung langsam und kostspielig ist, brauchte Venezuela beim Abbau seiner riesigen Vorkommen stabile, langfristige strategische Partnerschaften mit großen Industriemächten, die derart anspruchsvolle Projekte finanzieren und technisch unterstützen können. Eine vollständige Ausbeutung der genannten 300 Milliarden Barrel ist unter den derzeitigen Bedingungen unwahrscheinlich. Eine beträchtlich höhere Förderung wäre nur möglich, wenn Venezuela wieder in die internationale politische Ordnung integriert würde, und wenn vor allem die Ölpreise über einen längeren Zeitraum deutlich erhöht blieben – etwa zwei- bis dreimal so hoch wie derzeit.

Tatsächlich herrscht auf den globalen Öl- und Gasmärkten derzeit ein Überangebot, das voraussichtlich auch im nächsten Jahr bestehen bleibt. In der Branche wächst allerdings zunehmend der Konsens, dass in den Jahren ab 2030 eine strukturelle Verknappung einsetzen wird. Dies könnte zu deutlichen Preiserhöhungen und einer wieder steigenden Bedeutung der venezolanischen Ölvorkommen führen.

Genau in diesem Kontext hat Venezuela in den strategischen Erwägungen der USA seit langem eine besondere Stellung. Es war zwar nicht immer unmittelbares Ziel für eine direkte Kontrolle, doch diese Drohung existierte ständig im Hintergrund. Venezuela ist aufgrund seiner Lage in der Karibik und wegen des latenten Werts seines Öls unter unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen und Preisregimen ein wichtiger geopolitischer und ressourcenrelevanter Knotenpunkt.

Zudem schafft die Schwerflüssigkeit des venezolanischen Rohöls eine zusätzliche Abhängigkeit. Öl vom Orinoco muss typischerweise in Länder exportiert werden, die leichteres Rohöl produzieren, und dort vor dem Raffinieren vermischt werden. Dies erklärt die Aktivitäten der Öltanker, die in letzter Zeit von der Trump-Regierung ins Visier genommen wurden. So transportierte die „Bella 1“ beispielsweise venezolanisches Rohöl in den Iran, wo es mit dem leichteren iranischen Öl vermischt werden sollte, um ein marktfähiges Exportprodukt zu schaffen. Ohne diese Vermischung bleibt ein Großteil des venezolanischen Öls faktisch unbenutzt.

Gescheiterte Energiewende und US-Imperialismus

Venezuelas charakteristisches Ölförderungssystem muss in einem viel breiteren geopolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext verstanden werden. Das Vorgehen der Trump-Regierung ist Ausdruck der ausufernden Krise des amerikanischen Kapitalismus: eines rücksichtslosen Versuchs der US-Finanzoligarchie, eine faschistische Regierung an die Macht zu bringen, die vor nichts haltmachen wird, um den relativen wirtschaftlichen und geopolitischen Niedergang der USA aufzuhalten.

Alle großen Initiativen der Trump-Regierung – vom Aufbau von Masseninternierungslagern für Immigranten innerhalb der USA, über ihren offen erpresserischen und Business-orientierten Ansatz in der Diplomatie, bis hin zu der massiven Umverteilung von öffentlichem Vermögen an die Wirtschafts- und Finanzelite auf Kosten von Sozialprogrammen – finden vor dem Hintergrund einer ausufernden sozialen und politischen Krise statt. Die aggressive Kampagne, Venezuela unter Druck zu setzen, zu bombardieren, oder potenziell in das Land einzumarschieren, muss als Teil der gleichen Entwicklung betrachtet werden.

Ein zentrales Merkmal der derzeitigen geopolitischen Lage ist die Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen den USA und China. Während die USA vor den größten wirtschaftlichen, politischen und strategischen Herausforderungen ihrer modernen Geschichte steht, versucht China – trotz erheblicher interner Probleme –, sich als relativ stabiler Pol einer entstehenden multipolaren Ordnung zu positionieren. In diesem Kontext spielt Peking eine wichtige Rolle bei der Finanzierung und Entwicklung der Infrastruktur mehrerer Länder, die unter Druck der USA geraten sind, so auch Venezuelas und des Iran. Beide Länder sind stark von chinesischen Investitionen, industriellen Zulieferungen und Ölexportmärkten abhängig.

Diesen geopolitischen Umwälzungen liegt ein zweiter, ebenso wichtiger Faktor zugrunde: die stockende und ungleichmäßige globale Energiewende. China, der weltweit größte Ölimporteur und besonders anfällig für maritime Engpässe und Blockaden, hat seine langfristige Abhängigkeit von Öl durch massive Investitionen in Elektrofahrzeuge, erneuerbare Energie und die Elektrifizierung der Industrie energisch reduziert. Im Gegensatz dazu sind andere Industriemächte, vor allem die USA, zunehmend von ihren früheren Verpflichtungen zu einer raschen Energiewende abgerückt.

Unter politischen Entscheidungsträgern und Energieplanern ist der Optimismus hinsichtlich der „grünen“ Wende, der einen Großteil der 2010er-Jahre prägte, der Erwartung einer viel langsameren und konfliktreicheren Transformation gewichen. Dieser Kurswechsel wird durch jüngste Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) unterstrichen, die davon ausgehen, dass Öl und Gas auch bei gleichzeitigem Ausbau von erneuerbaren Energien noch jahrzehntelang die dominierenden Komponenten des globalen Energiesystems bleiben werden. Vor diesem Hintergrund muss die Strangulation Venezuelas durch die Trump-Regierung verstanden werden.

Genau wie bei früheren Regimewechseloperationen gegen den Irak unter Saddam Hussein und Libyen unter Muammar Gaddafi betrachtet der US-Imperialismus Venezuela als teure, aber äußerst langfristige Bezugsquelle für Öl, die sich eindeutig in seiner traditionellen Einflusssphäre befindet. US-Strategen kalkulieren, dass Venezuelas Schwerölindustrie, wenn sie politisch amerikanischen Firmen zugeordnet und langfristig von ihnen kontrolliert wird, auf bisher nicht mögliche Weise reorganisiert und ausgebaut werden könnte.

Doch wenn die USA Präsident Nicolás Maduro nicht stürzen, könnte Venezuela zunehmend Beziehungen zu China aufbauen. Venezuela hat bereits jetzt seine größten Auslandsschulden bei China – geschätzt etwa zehn Milliarden Dollar – und ist weiterhin stark von chinesischen Geldern, Infrastrukturbau und Exportmärkten abhängig. Vom Standpunkt der imperialen Strategie der USA dient die Kampagne gegen Venezuela daher nicht nur der Bestrafung, sondern auch der Prävention – mit dem Ziel, die Vorherrschaft der USA gegenüber China in Hinblick auf die künftige globale Ölversorgung zu sichern.

Die von der Trump-Regierung verhängte Blockade der Öltanker, die wiederholten rechtswidrigen Angriffe und die Stationierung der größten US-Armada in der Karibik seit 1962 sind Teil eines konzertierten Vorgehens mit dem Ziel, die Kontrolle über Venezuelas Ölvorkommen wiederzuerlangen und China strategische Gewinne zu verwehren. Sie müssen angesichts der existenziellen Krise des US-amerikanischen und des Weltkapitalismus im Zusammenhang mit dem umfassenderen Ausbruch des imperialistischen Militarismus gesehen werden.

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