Goldpreis setzt seinen Aufwärtstrend fort und erreicht neues Rekordhoch

Goldbarren in einem Tresor der United States Mint am 22. Juli 2014 in West Point, New York [AP Photo/Mike Groll]

Nach einem vorübergehenden Rückgang seit Oktober hat der Goldpreis seinen Aufwärtstrend wiederaufgenommen und am 28. Dezember mit 4.534 Dollar pro Unze ein neues Rekordhoch erreicht. Dies entspricht einem Anstieg von bis zu 2,4 Prozent am Tag. Auch der Silberpreis stieg kräftig an und erreichte nach einem Zuwachs von 3,5 Prozent ein Rekordhoch von über 79 Dollar pro Unze.

Unmittelbarer Auslöser des Preissprungs beider Metalle scheint die Verschärfung der US-Blockade gegen venezolanisches Öl zu sein – völkerrechtlich ein Kriegsakt –, und die drohende Gefahr einer direkten Militäraktion, mit der US-Präsident Trump versuchen könnte, in Venezuela einen Regimewechsel zu erreichen.

Die grundlegenden Ursachen reichen jedoch viel tiefer. Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis um fast 70 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg – der größte seit den Folgen der iranischen Revolution von 1979, die den Schah, eine Marionette des US-Imperialismus, stürzte – wurzelt in einem schwindenden Vertrauen in die Stabilität des US-Dollars und des amerikanischen Finanzsystems angesichts explodierender Haushaltsdefizite und einer US-Verschuldung, die mittlerweile 38 Billionen Dollar beträgt.

Der Goldpreis hat in Krisenzeiten und unter Bedingungen der Unsicherheit entscheidende Marken überschritten. Während der Finanzkrise von 2008 durchbrach er die Marke von 1.000 Dollar und erreichte zu Beginn der Corona-Pandemie 2.000 Dollar, begleitet von einer Krise am Markt für US-Staatsanleihen. Im März dieses Jahres erreichte er 3.000 Dollar, als immer deutlicher wurde, dass Trump auf einen Zollkrieg zusteuert.

Das volle Ausmaß dieses Handelskriegs zeigte sich seit dem 2. April an den sogenannten „reziproken Zöllen“. Sie hatten massive Auswirkungen auf die Finanzmärkte und beschleunigten den Anstieg des Goldpreises. Im Oktober überschritt er schließlich die Marke von 4.000 Dollar.

Der Zollkrieg bedeutet, wie man heute weiß, das Ende der internationalen Handelsordnung, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet hatten, um eine Rückkehr des ökonomischen Chaos der 1930er Jahre zu verhindern.

Die globale Unsicherheit führt gemeinhin zur Suche nach einem „sicheren Hafen“ in Form von Gold – der ultimativen Verkörperung von Wert. Nun haben die unaufhörlich steigende Verschuldung der USA, die Finanzialisierung der Wirtschaft, Trumps Angriffe auf die Unabhängigkeit der Federal Reserve (US-Notenbank, „Fed“), seine Förderung von Kryptowährungen sowie der Kriegskurs der USA gegen ihren Hauptrivalen China diese Unsicherheit weiter verschärft.

Die eigentliche Bedeutung des Goldpreisanstiegs offenbart sich allerdings erst, wenn man ihn in seinem historischen Kontext betrachtet.

Das monetäre Nachkriegssystem wurde auf der Konferenz von Bretton Woods im Jahr 1944 etabliert, als der Dollar zur führenden Weltwährung erklärt wurde. Er war zu einem festen Kurs von 35 Dollar pro Unze an Gold gebunden. Doch diese Ordnung enthielt einen tiefen inneren Widerspruch, der sich ab den frühen 1960er Jahren zunehmend bemerkbar machte.

Der globale wirtschaftliche Wiederaufschwung, den das Bretton-Woods-System begünstigte, führte zur Stärkung der wichtigsten ökonomischen Rivalen der USA und untergrub die Vormachtstellung, die Washington in der unmittelbaren Nachkriegszeit innehatte.

Dies schlug sich in wachsenden internationalen Zahlungsbilanzdefiziten nieder. Als schließlich auch die Handelsbilanz negativ wurde, hob US-Präsident Richard Nixon im August 1971 die Goldbindung des Dollars auf. Die USA konnten ihre Verpflichtung zum Umtausch von Dollar in Gold nicht mehr erfüllen.

Damit wurde der Dollar zu einer Fiat-Währung, das heißt, er war nicht mehr durch einen realen Wert in Form von Gold gedeckt, sondern stützte sich allein auf das Vertrauen in die Stärke der US-Wirtschaft, ihres Staates und ihres Finanzhaushalts.

Dieses System, das 50 Jahre Bestand hatte, bricht heute unter dem Druck massiver Spannungen zusammen, genau wie zuvor das Bretton-Woods-System.

Jahrzehnte wachsender Verschuldung und die Finanzialisierung der US-Wirtschaft – also die Schaffung eines gewaltigen Berges fiktiven Kapitals – haben den Dollar als Wertmaßstab ausgehöhlt. In welch enormem Ausmaß dies geschah, zeigt sich, wenn man die Dollar-Gold-Relation umkehrt. Anstatt Gold in Dollar zu bewerten, misst man den Dollar an dem, was er in Gold und somit an realem Wert darstellt.

Im Jahr 1971 entsprachen 35 Dollar einer Unze Gold. Inflationsbereinigt wären das heute etwa 280 Dollar. Tatsächlich müssen heute jedoch mehr als 4.500 Dollar aufgewendet werden, um eine Unze Gold zu kaufen. Das bedeutet, dass der US-Dollar im Laufe der letzten 54 Jahre etwa 94 Prozent seiner Kaufkraft im Verhältnis zu Gold verloren hat.

Als der Goldpreis die 4.000-Dollar-Marke überschritt, kommentierte der milliardenschwere Hedgefonds-Chef Ray Dalio die zugrundeliegenden Triebkräfte dieses Anstiegs.

„Wenn man ein solches Überangebot an Schulden hat (...) ist es nur natürlich, zu einem alternativen Wertspeicher überzugehen, weshalb wir uns härteren Währungen zuwenden. Gold ist die grundlegendste davon“, erklärte er.

Trotz aller öffentlichen Erklärungen über die „Widerstandsfähigkeit“ des globalen Finanzsystems sprechen die Handlungen der Zentralbanken eine deutliche Sprache. Ein Grund für den sprunghaften Anstieg des Goldpreises waren ihre Goldkäufe: Diese Banken haben in jedem der letzten drei Jahre mehr als 1.000 Tonnen Gold gekauft.

In jüngster Zeit ist der Goldmarkt durch das Eingreifen von Exchange Traded Funds (ETFs, börsengehandelte Indexfonds) zu einem Schauplatz für Finanzspekulationen geworden. Ende Oktober berichtete der World Gold Council (Weltgoldrat), dass die Goldnachfrage im dritten Quartal dieses Jahres mit 146 Milliarden Dollar einen neuen wertmäßigen Höchststand erreicht hat.

Das Wachstum in diesem Quartal sei vor allem durch private Investitionen getrieben worden, die im Vergleich zum Vorjahr um 47 Prozent gestiegen sind.

„Diese Dynamik wurde durch eine starke Kombination aus einem unsicheren und volatilen geopolitischen Umfeld, der Schwäche des US-Dollars und der ‚FOMO‘-Mentalität [‚Fear Of Missing Out‘ – ‚Angst, etwas zu verpassen‘] der Anleger angesichts steigender Preise angetrieben“, hieß es in dem Bericht.

Der massive Zustrom von spekulativem Kapital erregte die Aufmerksamkeit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der Dachorganisation der weltweit wichtigsten Zentralbanken.

In ihrem Quartalsbericht von Anfang Dezember 2025 warnte die BIZ, dass der Gold- und der US-Aktienmarkt in ein „bubble territory“ (in das Gebiet einer Blase) getrieben würden.

Die Warnung erfolgte in ungewöhnlich scharfer Form.

„Die vergangenen Quartale“, so hieß es, „stellen das einzige Mal in mindestens 50 Jahren dar, in dem Gold und Aktien gleichzeitig in dieses Territorium eingetreten sind. Nach einer explosiven Phase platzt eine Blase typischerweise mit einer abrupten und schnellen Korrektur.“

Die wachsende Rolle der sogenannten Kleinanleger über ETFs könne „die Marktstabilität künftig gefährden, da sie zu Herdenverhalten neigen und Preisschwankungen verstärken könnten, falls es zu Notverkäufen (‚Fire Sales‘) kommt“.

Ob solche Szenarien konkret eintreten, lässt sich nicht vorhersagen. Sicher ist jedoch: Der steigende Goldpreis ist ein Ausdruck einer sich verschärfenden Krise im Herzen des Währungssystems des globalen Kapitalismus.

Die herrschende Kapitalistenklasse, die Finanzoligarchien, kennen auf diese Situation nur eine Antwort. Sie versuchen, den Wert ihrer Finanzanlagen wiederherzustellen, indem sie ihre Angriffe auf die Arbeiter, die einzige Quelle realen Wertes im Kapitalismus, verschärfen. Diese Offensive wird alles in den Schatten stellen, was seit den 1930er Jahren erlebt wurde. Die Arbeiterklasse kann ihr nur durch den politischen Kampf für ein sozialistisches Programm entgegentreten.

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